Auf den Spuren des Amtsboten

Die Auswirkungen der deutschen Kleinstaaterei kann man sich heute kaum noch ausmalen. Überall verschiedene Königreiche, Herzogtümer, Grafschaften und Hochstifte. Mal kleiner, mal größer und selten am Stück. Durch Kriege, Erbschaften, Schenkungen und Hochzeiten entstand ein wahrer Flickenteppich an Ländereien. Das führte letztlich auch dazu, dass die Stadt Königsberg von 1400 bis 1920 zum Herzogtum Sachsen (in seinen unterschiedlichsten Ausprägungen und Benennungen) gehörte, zuletzt ab 1826 zum Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha und als Exklave völlig vom Fränkischen Reichskreis bzw. später dann Bayern umgeben war.

So, was hat das Ganze denn nun mit Geocachen bzw. unserer Wanderung zu tun? Nun mit Telefon und Auto war es 1826 noch nicht weit her und irgendwie mussten ja wichtige Behördenpost und Anweisungen von Königsberg in die Hauptstadt Coburg und umgekehrt gelangen. Hierfür gab es den Amtsboten (oder auch mehrere?), der die Strecke zwischen den beiden Städten, immerhin gute 50km, zweimal pro Woche zu Fuß absolvierte. Auf dieser alten Strecke verläuft nun der Wanderweg Amtsbotenweg, markiert mit einem blauen Helm. Er verläuft von Coburg über Ahorn und Witzmannsberg nach Altenstein und von dort über Pfaffendorf, Leuzendorf und Hohnhausen nach Königsberg. Oder auch umgekehrt. Für uns wandernde Cacher bietet sich die Richtung Coburg-Königsberg an, schließlich gibt es hier zwei Multis, die einem die Tour etwas versüßen. Zum einen Amtsbotenweg: Coburg – Altenstein und zum anderen Amtsbotenweg: Altenstein – Königsberg i. Bay. Beide mit einer Wertung von D/T 3,5/4. Der erste Abschnitt hat laut Listing 29km (unser Tracking kam auf über 30), der zweite 21km, auch hier lagen wir etwas drüber. Historisch bedingt ist das Ganze natürlich kein Rundweg. Entweder sucht man sich in Altenstein und Umgebung eine Übernachtungsmöglichkeit (was scheinbar nicht ganz so einfach ist), wandert an einem Stück durch (Respekt für diese Leistung!) oder, macht es so wie wir, stellt ein zweites Auto am jeweiligen Endpunkt ab. Cacher, die vielleicht nicht ganz so fit sind, könnten die erste Etappe bereits in Seßlach beenden. Da gibt es dann zwar keinen Multi-Final, man muss aber auch nur 20km laufen. Ich selbst spüre dann ab dem 21. Kilometer jeden weiteren auch recht deutlich. Andererseits ist es natürlich auch eine schöne Herausforderung, so eine Strecke erfolgreich hinter sich zu bringen.

An einem Montag ging es für uns also bei zweifelhaftem Wetter los. Ein Auto wurde in Altenstein am Schwimmbad abgestellt, mit dem zweiten ging es gen Coburg zum angegebenen Parkplatz am Anger. Leider wurde dieser, doch eigentlich sehr große Parkplatz, komplett vom Zirkus Krone in Beschlag genommen, was zwangsläufig dazu führte, dass auch alle Straßen in der Umgebung zugeparkt waren. Zusammen mit einer Baustelle und einigen örtlichen Besonderheiten führte das dazu, dass wir unser Auto letztlich an Stage 5 abgestellt haben und am Ende trotzdem die 30km geknackt haben.

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Wir marschierten also erst ab Ahorn so richtig los. Zunächst auf Asphalt inklusive Überquerung der Bundesstraße ging es Richtung Gerätemuseum und dann so langsam vom Teerweg über Kies auf Waldwege, hin und wieder mal Pfade, dann auch gepflasterte Wege, wieder Teer, Forstwege. Ich glaube, wir haben während der beiden Touren alle möglichen Bodenbeläge durchgemacht. Leider ging dann der leichte Dauernieselregen in leichten Regen über, was den Spaß etwas trübte und die Fotoausbeute reduzierte.

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Viele Highlights gibt es aber auf dem ersten Teilstrück leider eh nicht zu entdecken. Das Schloss in Ahorn und das ein oder andere Fachwerkhaus in den Dörfern, die man so durchquert, ansonsten gibt der Weg nicht so viel her. Der Weg nach Seßlach durch den Wald bietet dann eine schöne Abwechslung. Mal schmäler, mal breiter, mal kurvig und dann wieder geradeaus. Man schlängelt sich langsam hinunter in die Stadt. Hier sollte man sich etwas Zeit nehmen, Seßlach ist das absolute Highlight und eine durchaus sehenswerte Stadt (die sonnigen Fotos sind von einem anderen Besuch dort).

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Ist man hier angelangt, hat man ungefähr 2/3 der Wanderung geschafft. Eine gute Gelegenheit für eine Pause. Wir nutzten die Regenpause und konnten direkt vor dem Rathaus unsere Verpflegung auspacken. Ab hier wurde es dann für uns doch etwas zäh und anstregend. Mit jedem Kilometer mehr, wurde der innere Schweinehund lauter und zu allem Übel bestanden die letzten 3km aus einer durchgehenden Steigung auf breiten, gekiesten Waldwegen. Eine echte Herausforderung für die Wandermotivation. Aber irgendwann ist man oben, hat das Plateau auf dem Altenstein liegt, erreicht und kann sich mit schweren Beinen und müdem Kopf daran machen, die ellenlange Formel für den Final zu lösen. Der liegt natürlich nicht direkt am Ende der Tour, man muss noch mal ein paar Meter laufen und was soll ich sagen, wir hatten uns natürlich verrechnet. Der Owner gab uns dann die richtigen Koordinaten, half aber zunächst auch nicht wirklich viel. Letztlich haben wir nach der doch recht langen Wanderung fast eine Stunde nach der Finaldose gesucht, das war dann schon hart an der Grenze.
Erschöpft ging es dann nach Hause, am nächsten Tag stand schließlich Teil 2 auf dem Programm.

Am Dienstag wurde dann das erste Auto in Königsberg an der Burg geparkt, mit dem zweiten Fahrzeug ging es erneut nach Altenstein zum Schwimmbad. Hier führen dann einige sehenswerte Fachwerkhäuser direkt zur Burgruine Altenstein, die definitiv einen Besuch wert ist. Auch wir haben uns hier gleich zu Beginn des zweiten Abschnitts länger umgesehen und auch endlich mal den dortigen Tradi gefunden.

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dscf7396Im Anschluss gehts dann erstmal wieder bergab. Das, was wir gestern zum Ende hin hochlaufen durften, mussten wir natürlich nun wieder abwärts gehen. Da freut sich das Knie. Ein Vorteil des Spätsommers: am Wegesrand gab es überall Zwetschgen, Haselnüsse und auch noch den ein oder anderen Apfel. Ansonsten sind auch auf dieser Runde die Sehenswürdigkeiten im weiteren Verlauf spärlich gesät. Leuzendorf war noch ganz nett und die Natur hielt das ein oder andere Tier bereit, wann sieht man schon mal einen Marder in freier Wildbahn und nicht im Auto?

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Zum Ende hin gabs dann wieder Probleme mit der Rechnerei. Bei der vorvorletzten Station lagen wir ordentlich daneben, konnten diese aber dank Ortskenntnis problemlos finden. Dennoch war irgendwie der Wurm drin, die letzte Stage lag dann völlig unpassend und so war mit dem Final erstmal Essig. Erschöpft und hungrig haben wir dann an dieser Stelle abgebrochen und erstmal den Owner kontaktiert, um dann am nächsten Tag noch mal zu suchen.

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Wie war die Wanderung nun? Ehrlich gesagt hatten wir schon viele, die besser gewesen sind, allerdings sind wir durch die Traumschleifen im Saarland natürlich auch ziemlich verwöhnt. Leider verläuft der Amtsbotenweg selten auf schmalen Singletrails. Das meiste dürften gekieste Waldwege sein und leider immer wieder Straßen, die man sich mit Autos teilen muss. Keine schöne Wegführung für eine Erlebniswanderung. Auch der Cache hat so seine Tücken. Die Fragen sind zwar einfach gehalten und, bis auf eine Ausnahme, einfach zu beantworten, allerdings muss man sich für jede Station wieder die Koordinaten ausrechnen, was nicht immer im Kopf gelingt, erst recht nicht, wenn man schon einige Kilometer gelaufen ist. Das führt dann hin und wieder zu Frust. Sehenswert sind auf alle Fälle Seßlach, Altenstein und auch Königsberg und im direkten Vergleich schneidet die zweite Etappe auch besser ab. Etwas kürzer, paar mehr Highlights und etwas angenehmer zu laufen. Am Ende bleibt dann das Erfolgsgefühl, so eine Tour geschafft zu haben, 50km sind ja doch nicht ganz wenig.